Westfalenliga: Finale Furioso zwischen Soest und Obercastrop

8 Tore in Soest – SV Wacker verliert Verfolgerduell mit 3:5

Auf Biegen und Brechen ging es in der 2. Halbzeit des Verfolgerduells zwischen Westfalia Soest und Wacker Obercastrop zu. Elvis Shala (Mitte) machte wieder sein Tor und steht auf Platz 2 der Torjägerwertung der Liga mit 10 Treffern. Marko Onucka (rechts dahinter) war der Aktivposten unseres SV Wacker über die gesamte Spielzeit.

„Finale Furioso“ titelte der Soester Anzeiger nach einem Spiel, das Westfalenliga-Geschichte schrieb. Und diese Geschichte wollten 500 Zuschauer*innen im Jahnstadion miterleben, in dem Gastgeber Westfalia Soest im Verfolgerduell unseren SV Wacker empfing.

Andi Ogrzall beim Duell mit Soests Torhüter Lukas Kasparek. Ganz rechts Marin Vranjic, der sein letztes Spiel für Wacker machte, weil er in seine Heimat Bosnien zurückkehrt. Wir berichten gesondert!

Nach Meinung der Pressevertreter lieferte die Westfalia ihr bisher bestes Saisonspiel ab. Das passte aus Sicht der Soester Aufsteiger perfekt zur Tatsache, dass Wacker die bisher schlechteste erste Hälfte der Saison ablieferte, über die man getrost das sportliche Mäntelchen des Schweigens legen sollte. Die Aktiven, Staff und Fans waren sich einig: Schlimmer gehts nimmer!

500 Zuschauer*innen bedeuteten Saisonrekord für den SV Westfalia Soest. Im Bild die „Wackerseite“, denn aus Obercastrop gab es wieder reichlich Unterstützung für „unsere Erste“.

„In der ersten Halbzeit waren wir gar nicht auf dem Platz“, wunderte sich Torwarttrainer David Menke und fügte hinzu: „Das war super ärgerlich, weil wir in der zweiten Halbzeit gesehen haben, was möglich ist, wenn wir unsere Leistung bringen. Dass wir nach der Aufholjagd ohne Punkte nach Hause fahren, ist unfassbar ärgerlich. Wir belohnen uns einfach nicht für unseren Aufwand, und das nicht nur gegen Soest.“

Recht hatte er. Trainer Toni Molina war ebenfalls völlig konsterniert:“ Die erste Halbzeit haben wir ohne Gegenwehr verschenkt.“

Bilal Abdallah im Zweikampf

Wacker war in Hälfte 1 tatsächlich nicht auf dem Platz, agierte schwerfällig, war nicht wach und sichtbar mental angeschlagen. Warum auch immer. Die Westfalia war mit Anpfiff von Schiedsrichter Dustin Höse genau das Gegenteil, hellwach, körperlich präsent, das gesamte, wenn auch enge Spielfeld, komplett ausnutzend. Die Euphorie des Aufsteigers gegen den Favoriten SV Wacker trug die Soester durch die erste Hälfte, sodass nach 45 Minuten aus Obercastroper Sicht ein katastrophales 0:3 zu Buche stand.

Elvis Shala

Soest hatte keine große Mühe, die unerklärliche Wacker-Schwäche auszunutzen, ließ den Ball laufen, nutzte seine schnellen Außen und die sich auftuenden Lücken in der Abwehr. Simon Kötter erzielte in der 15. Minute das 1:0. Mario Jurss erhöhte mit zwei Treffern auf 2:0 (23.) und 3:0 (45.).

Florian Gerding, hier im Luftkampf, erzielte das 3. Wackertor.

Dabei hätte Soest auch gut und gerne 5 Treffer erzielen können, so wacklig war Wacker. Torwart Cedric Drobe wusste dies jedoch zu verhindern. Bemerkenswert: Einer der 10 Feldspieler wehrte sich nach Leibeskräften. Marko Onucka tat augenfällig alles dafür, nicht noch höher in Rückstand zu geraten.

Der Halbzeittee muss dann einen Zaubertrank enthalten haben. Welcher Druide diesen anmischte, lassen wir einmal dahingestellt. Wacker kam völlig verändert aus der Gästekabine und lieferte das ab, was niemand an diesem grauen Nachmittag auch nur annähernd noch erwartet hätte.

Molina wechselte in der Pause Chris Matuszak und Bilal Abdallah aus und Valdet Rama und Nico Brehm ein (46.). Wobei sich die Einwechselung von Rama als Glücksgriff des Tages erwies. Der über die gesamte Spielzeit sehr agile Mittelfeldspieler Marko Onucka kommentierte: „Man muss sagen, dass gerade mit der Einwechselung von Valdet viel mehr Zug zum Tor entstanden ist. Das war schon sehr gut!“

War es! Valdet Rama zeigte auf der linken Seite, welche fußballerische Klasse er besitzt. Mit ihm begann nun ein Sturmlauf auf das Tor der Westfalia, mit dem die Soester nach der ersten Hälfte nicht unbedingt rechnen mussten. Jetzt zeigte unser SV Wacker, was er drauf hat und spielte die Soester schwindelig.

In dieser Phase „musste einem angst und bange werden um die Soester“, meinte der Redakteur des Soester Anzeigers. Denn Wacker brachte seine ganze individuelle Klasse auf den Platz und entfachte einen ungeheueren Druck auf das Tor von Lukas Kasparek.

So schaffte Wacker das nicht Erwartete und glich bis zur 72. Minute zum 3:3 aus. Kapitän Kevin Großkreutz traf per Kopf zum 1:3 (58.), Elvis Shala drückte den Ball zum 2:3 über die Linie (65.) und Florian Gerding glich aus zum 3:3 (72.). Phänomenal!

Jetzt wollte Wacker auch das 4. Tor und brachte die Westfalia von einer Verlegenheit in die andere. Gelegenheiten für die Führung gab es. Die Wacker-Fans gingen begeistert mit. Doch die Soester rappelten sich auf und spuckten Wacker in die Suppe.

In den drei letzten Spielminuten drehten sie den Spieß um, suchten ihr Heil in der Flucht nach vorne mit schnellen Kombinationen und gewannen das Duell mit Treffern von Mario Jurss (88.) und Simon Kötter (90.) mit 5:3.

Die Soester bleiben nach diesem letzten Spiel der Hinserie oben dran (4. mit 26 Punkten) und haben auf Spitzenreiter Erndtebrück (1. mit 29 Punkten), der sein Auswärtsspiel in Holzwickede sang- und klanglos mit 1:4 verlor, nur noch 3 Punkte Rückstand.

Unser SV Wacker ist zum Abschluss der Halbserie nur noch 8. der Tabelle (23. Punkte). Korrigieren kann er das im ersten Spiel der Rückserie direkt am 16. Spieltag am 3. Dezember auswärts bei der SpVgg Horsthausen (14.30 Uhr). Doch Vorsicht! Die SpVgg ärgert am liebsten seinen Nachbarn Obercastrop, was ihr am ersten Spieltag bereits fast gelungen wäre, als unser Team mit Mühe und Not ein 1:0 über die Ziellinie brachte.

Stimmen zum Spiel:

Tim Eibold (Sportlicher Leiter): „Eine katastrophale 1. Halbzeit, wo wir alles haben vermissen lassen, was uns eigentlich auszeichnet. In der 2. Halbzeit dann eine absolute Teamleistung, was uns wieder ins Spiel bringt und das Ergebnis egalisiert. Am Ende verlierst du dennoch 5:3. Da ist es aktuell schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich bin ganz froh, dass wir nun eine Woche spielfrei haben und mal den Resetknopf drücken.“

Martin Janicki (Wirtschaftsratvorsitzender): „Insgesamt ein hochemotionales Spiel für alle Wackeraner mit dem am Ende verdienten Sieger, da wir in der 1. Halbzeit gar nicht stattfanden und der Gegner machen konnte, was er wollte. In der 2. Halbzeit haben wir ein Gesicht gezeigt, was sich jeder Wackeraner gerne 90 Minuten lang wünschen würde. Mentalität, Wille, Kampf. Leider haben wir das zu oft vermissen lassen in der Hinrunde. Die tolle Aufholjagd heute wurde am Ende nicht belohnt, insofern sollten wir nichtsdestotrotz das Positive sehen und diese Moral in Horsthausen von Minute 1 bis 90 + an den Tag legen. Wenn wir es schaffen würden, von der Leidenschaft her immer mit dem Gegner Stand zu halten, bin ich mir sicher, dass sich in dieser Saison öfter unsere unbestrittene Qualität durchgesetzt hätte. An der 2. Halbzeit heute sollte man im letzten Spiel vor der Winterpause definitiv anknüpfen, dann bin ich mir sicher, dass wir erfolgreich sein können.“

Gianni Zentler (Mittelfeldspieler): „Aus meiner Sicht war das von uns die schlechteste erste Halbzeit dieser Saison. In der zweiten Halbzeit haben wir uns gut zurückgekämpft, konnten uns leider am Ende nicht belohnen. 45 Minuten reichen am Ende nicht.“

Nico Brehm (Abwehrspieler): „Wir sind alle enttäuscht und haben die erste Halbzeit komplett abgegeben. Wir waren tot auf dem Feld. In der zweiten Halbzeit haben wir alles reingeworfen. Das Spiel wurde wild, Chancen auf beiden Seiten. Nach dem 3:3 war ich mir sicher, dass wir das Spiel drehen werden, dann klingelt es noch 2 mal bei uns. Bitter, aber so ist Fußball.
Das Schlimmste vom heutigen Tag ist aber der Abschied von Marin, wir verlieren einen tollen Jungen und einen überragenden Fußballer. Ich wünsche ihm alles Gute für seine Zukunft!“

Marko Onucka (Mittelfeldspieler): „Schwierig! In der ersten Halbzeit haben wir alle nicht das abgerufen, was wir können. Wir haben jegliche Tugenden vermissen lassen. Kein Zweikampfverhalten, keine Laufbereitschaft, keine Stimmung auf dem Platz. Also all das was Fußball erst einmal ausmacht. Das war rein gar nichts. Was wir dann aber in der zweiten Halbzeit gezeigt haben, zeigt Charakterstärke! Ein 0:3 in ein 3:3 aufzuholen war sehr stark! Wir waren alle da, waren alle laut! Man muss auch sagen, dass gerade mit der Einwechselung von Valdet viel mehr Zug zum Tor entstanden ist Das war schon sehr gut! Dass wir dann trotzdem verloren haben, schmälert natürlich die Stimmung insgesamt. Trotzdem müssen wir das als Maßstab sehen und so in die zukünftigen Spiele gehen. Gerade für die Rückrunde muss die Stimmung dieser zweiten Halbzeit die Basis sein. Es geht nur mit Leidenschaft und Emotionen, dann kommt der Rest von alleine!“