Von der Semantik des Trainings: Das große Interview mit Trainer Christian Mengert

Trainer Christian Mengert (Mitte), hier mit dem Wacker-Vorsitzenden Martin Janicki (links) und dem Sportlichen Leiter Steffen Golob, freut sich auf das große Projekt Wacker Obercastrop.

Nach dem ersten Training seiner Mannschaft sprach WackeMedia mit Coach Christian Mengert über sein neues Projekt als Trainer. Der noch im Urlaub weilende Chefcoach gab Einblicke u.a. in seine Spielphilosophie und wie ihm seine Zeit als Regionalligaspieler beim VfL Bochum im Traineramt weiterhilft.

Als neuer Cheftrainer wurdest du schon vor einigen Wochen vorgestellt. Jetzt geht es bald los für dich mit der aktiven Arbeit. Die Trainingspläne sind bereits erstellt. Wie groß ist deine Vorfreude auf dein neues Projekt als Trainer? 

„Die Vorfreude ist immer noch da und die war vor allen Dingen sehr groß als ich davon gehört habe, dass sich der Verein für mich entschieden hat. Für mich war es auch sehr wichtig, dass ich in einem sehr intakten und sehr familiären Verein meine richtige erste Station als Trainer annehmen kann. Ich freue mich ganz besonders darauf, in einem wunderbaren Trainerteam mit unterschiedlichen Kompetenzen zu arbeiten. Darüber hinaus freue ich mich mit der Mannschaft zu arbeiten, die meines Erachtens hervorragend zusammengestellt wurde, vor allen Dingen von Steffen Golob und Onur Kocakaya. Einen Riesendank meinerseits an die beiden. Die beiden haben was das angeht die Hauptarbeit gemacht. Ich genieße jetzt gerade noch meine Sommerferien und werde dann am 1. August, zwei Wochen vor dem offiziellen Saisonstart, dazustoßen.“

Als ehemaliger Regionalligaspieler des VfL Bochum hast du schon viel Erfahrung im höherklassigen Fußball sammeln können. Hilft dir dies in deinem neuen Job als Trainer weiter? 

„Ich hatte als Regionalligaspieler viele gute Trainer, die wirklich auch gutes Training gemacht haben, aber auch Trainingseinheiten, die aus meiner Sicht oder meiner Perspektive nicht so gut waren. Von daher würde ich sagen, sollte man sich immer an ein paar Prinzipien orientieren oder sich selbst fragen, was ein gutes Training ausmacht. Genauso wie ich die Frage für mich als Lehrer beantworten muss, was macht guten Unterricht aus, so gibt es für mich auch die Frage, was ist gutes Training oder was macht ein gutes Spiel aus. Ich glaube, ich hatte eine ganz gute lehrreiche Zeit in meinem Referendariat, die sehr intensiv war und aus der man auch sehr viele Prinzipien auf den Fußball übertragen kann. Sei es Kooperation und Konkurrenz, Transparenz, Erklärungen, dass es einen Roten Faden gibt und dass es in einer Trainingseinheit nicht zu viele gedankliche Pausen gibt. Alles muss in einem größeren Kontext eingebettet werden und so verstehe ich mich auch als Trainer oder so verstehe ich auch das Training.

Ich habe vorab auch schon einmal gesagt, dass das Training semantisch aufgewertet werden soll, also dass es eine höhere Bedeutung bei uns in der Mannschaft haben soll. Da hilft es natürlich auch in höheren Bereichen gespielt zu haben oder trainiert worden zu sein.

Nichtsdestotrotz kann ich jetzt nicht Eins-zu-Eins Trainingsformen auf unsere Mannschaft ableiten. Sondern es gilt immer, für das Spielermaterial angepasst aus meiner Sicht zu planen und zu entwickeln und vor allen Dingen mit den Spielern gemeinsam zu entwickeln. Ich bin hoffentlich nicht jemand, der einfach seine Ideen durchsetzt, sondern immer gemeinsam im Team vorab mit den Trainern die Dinge bespricht und das hoffentlich transparent gut erklärt und auch begründet, warum Dinge gemacht werden.“

Der SV Wacker Obercastrop ist deine erste Station als Trainer. Welche Spielphilosophie wirst du mit dem Team umsetzen?

„Bezüglich der Spielphilosophie haben Jürgen (Duah) und ich uns vor der Saison ausgetauscht und sind da relativ schnell auf einen Nenner gekommen. Ich glaube wir haben zumindest mal dahingehend das Spielermaterial, als das wir sagen können, dass wir relativ spielbestimmend und dominant auftreten wollen und das wir die aktive Mannschaft sein wollen. Wir wollen uns in erster Linie an uns messen und nicht primär auf den Gegner schauen, zumal eine Vorbereitung in solchen Bereichen relativ schwer sein wird. Natürlich könnte man gucken, inwiefern es große Spieler, kleine Spieler oder quirlige Spieler bei den gegnerischen Mannschaften gibt.

Das Videomaterial ist mehr schlecht als recht, so wie ich das bisher gesehen habe. Damit kann man nur rudimentär, wenn überhaupt, in Videoanalysen gehen. Aber wie gesagt, der Fokus liegt auf uns. Ich bin jemand, der als Spieler gerne den Ball hatte. Nichtsdestotrotz gilt es aber auch und da wird auch verstärkt der Fokus drauf liegen gut zu verteidigen. Ich denke, je besser man in der Verteidigung ist, desto leichter wird man es dann auch hinten heraus in der Saison merken. Alles das wird mit der Mannschaft im Trainingsprozess erarbeitet werden. Das gilt es dann auch aufgrund von Beobachtungen abzuleiten, ohne vorher großartig etwas vorzugeben oder irgendeinem Trend zu folgen, der vielleicht gerade en vogue ist. Sondern zu beobachten, wie verhält sich die Mannschaft, wie fit ist die Mannschaft, was kann sie leisten und dann darauf aufbauen sowie eine DNA, bzw. Spielphilosophie gemeinsam zu entwickeln.“

Eine viel gestellte Frage im Wacker-Umfeld: Wie ist der Schritt für dich als gestandener Spieler deine ehemaligen Teamkameraden zu trainieren?

„Das wird sich noch zeigen, inwiefern das ein schwieriger Schritt sein wird, vom Spieler zum Trainer zu wechseln, vor allen Dingen auch eigene Spielkameraden zu trainieren oder denen klare Anweisungen zu geben. Für mich persönlich macht das jetzt nicht so einen großen Unterschied, als das es eigentlich relativ gleich bleibt von der Ansprache. Ich werde mich jetzt als Typ, so hoffe ich zumindest, nicht verstellen. Ich werde weiter normal mit den Leuten reden. Ich möchte Dinge anders ansprechen und nicht in einer Begründungspflicht sein, Dinge zu erklären und transparent zu machen. Ich möchte diese auch aufzeigen anhand von Taktiktafeln und Videos und so die Mannschaft mitnehmen.

Obgleich muss ich sagen, dass ich auf dem Platz auf der „Sechs“ auch jemand war, der relativ viel gesprochen hat, viel dirigiert hat und gesagt hat, wo jemand hinlaufen muss oder wann man anläuft. Von daher wird diese Ansprache jetzt nicht auf dem Platz geschehen, sondern neben dem Platz. Das macht die ganze Sache ein bisschen schwieriger, weil man nicht sofort jeden Spieler erreicht. Persönlich habe ich damit eigentlich kein Problem. Ich bin klar in der Ansprache. Die Jungs wissen auch, was sie an mir haben, was sie sich leisten können und was nicht. Wenn es mal zu brenzligen Situationen aus meiner Sicht kommt, dann werden wir das normal besprechen können, ohne dass ich da groß eine Autorität zeigen muss. Alles in allem sehe ich da kein großes Problem und wenn der Verein da ein Problem gesehen hätte, dann hätten mir die Verantwortlichen auch nicht das Vertrauen ausgesprochen. Ich bin guter Dinge, dass wir gemeinsam eine gute Basis haben.“

Mit vielen Neuzugängen ist der Kader breit aufgestellt. Was ist dein Ziel für diese Saison?

„Ziel für diese Saison ist aus meiner Sicht schwierig zu definieren, weil ich so die Mannschaft noch gar nicht kennengelernt habe. Ich bin von der Einzelqualität der Spieler beeindruckt. Da gilt es noch einmal einen Dank an Onur Kocakaya und Steffen Golob auszusprechen. Qualitativ haben wir uns sehr verstärkt. Das gilt es jetzt auch innerhalb eines Teamgefüges umzusetzen, bzw. so eine Teamchemie zu entwickeln, dass wir gemeinsam in die Spiele gehen können. Dann wird man relativ schnell mit der Mannschaft kommunizieren können, wohin man möchte.

Ansonsten würde ich sagen, besser als die letzte Saison. So einen Stress wie in der letzten Saison müssen wir uns noch noch einmal antun. Das ist auch insgeheim nicht unser Anspruch. Ein einstelliger Tabellenplatz ist mehr als drin und wenn alles so läuft, wie wir das uns versprechen und wie wir auch planen, dann bin ich guter Dinge, dass wir am Ende eine ganz gute Rolle spielen werden. Was das dann numerisch bedeutet, wird man sehen. Da kann man mich dann auch gerne in der Winterpause zu fragen. Jetzt gerade gilt es erstmal in die Saison zu finden, eine Mannschaft zu bilden und alles Weitere ergibt sich dann.“

Wie war es für dich, als der SV Wacker Obetrcastrop auf dich zugekommen ist und gefragt hat, ob du das neue Amt des Trainers annehmen möchtest?

„Ich weiß, dass das mit Trainern und Trainersuche und Trainerbestätigung immer so eine Sache ist, vor allen Dingen im Amateurbereich. Deswegen weiß ich noch, dass ich damals aus Höflichkeit und aus Hilfsbereitschaft gesagt habe, dass man mit mir immer sprechen kann. Ich habe die Bereitschaft erklärt, weil ich schon mit dem Gedanken gespielt habe über kurz oder lang im aktiven Bereich kürzer zu treten. Von daher hat es mich im Endeffekt supergefreut, dass Wacker aufgrund der Absage von Rene Lewejohann sofort auf mich zu sprechen kam und nicht noch ein großes Casting veranstaltet hat. Ich kann dazu einen großen Dank aussprechen für das Vertrauen. Das bringt aber insofern relativ wenig, wenn wir nicht erfolgreich sind.

Als die Verantwortlichen auf mich zugekommen sind waren sie superfreundlich und supernett, weil ich ja auch nichts vorzuweisen hatte an sportlichen Erfolgen auf der Trainerseite. Ich bin mir der Aufgabe bewusst, freue mich darauf und denke, dass da auch neue Impulse gesetzt werden können. Ich freue mich auf das ganze Projekt Wacker Obercastrop, weil man auch merkt, dass im Umfeld viel passiert. Sei es eine Professionalisierung von Social-Media-Abteilungen oder dass mit Marius Hoffmann jemand für PR und Marketing eingestellt worden ist oder dass das Eriner Beben auf die Beine gestellt wurde. Da merkt man schon innerhalb Castrops, ohne das ich Castroper bin, dass der Verein mittelfristig sehr viel vor hat. Wenn ich da meinen Beitrag leisten kann, ist das umso schöner. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann ist das zumindest aus meiner Sicht auch nicht weiter tragisch. Aber das sollte nicht das Thema sein. Ich habe mich sehr gefreut über das Vertrauen und hoffe, dass ich das auch mit Spaß und Erfolg zurückzahlen kann.

Vielen Dank für das Interview!