Das große Interview mit Steffen Golob und Martin Janicki: Wacker gestern, heute und in der Zukunft

Eine turbulente Saison 2021/22 liegt hinter dem SV Wacker Obercastrop. Die erste vollständige Spielzeit in der Westfalenliga endete mit dem Klassenverbleib. Die Zweite wurde Dritter in der Kreisliga B, die Dritte stieg erst am 22. Juni mit einem 5:0 im Entscheidungsspiel gegen den VfL Herne in die Kreisliga B auf. Dazu kam der Aufstieg der A-Junioren in die Bezirksliga.

Auch abseits des grünen Rasens entwickelte sich der SVWO weiter. Erstmals fand das dreitägige Festival „Eriner Beben“ statt. Ein enormer Kraftakt des gesamten Vereins war dafür notwendig.

Nach der Pause beginnt die Vorbereitung auf die Saison 2022/23. Im Westfalenliga-Team gibt es viele personelle Veränderungen. Aber auch die neuformierte Zweite lässt aufhorchen. WackerMedia sprach mit dem Vereinsvorsitzenden Martin Janicki sowie mit dem Sportlichen Leiter und Co-Trainer der ersten Mannschaft, Steffen Golob, über die Entwicklung und Pläne des Vereins – der SVWO gestern, heute und in der Zukunft.
 

Hallo Martin, hallo Steffen! Die Saison 2021/22 ist erst seit dem 22. Juni mit den Aufstiegen der Dritten und der A-Jugend vorbei. Habt ihr jemals so eine anstrengende und nervenaufreibende Saison erlebt?

Steffen: Es gab anstrengende Saisons, aber dieses Jahr sind so viele Sachen passiert, bei denen man nicht geglaubt hätte, dass so etwas passiert. Beide Stürmer erlitten einen Kreuzbandriss, ein guter Verteidiger ist in der Winterpause gegangen – am Ende haben wir die Liga dennoch gehalten, die Zweite hat sich gut verkauft, die Dritte ist aufgestiegen, ebenso wie die A-Jugend. Wenn das unser schlimmstes Jahr war, dann weiß ich nicht, was passiert, wenn wir mal unsere besten Jahre haben.

Wegen der beiden Aufstiege, aber auch aufgrund des Klassenverbleibs der Ersten, überwog am Ende die Erleichterung, oder? Wer dich, Martin, in Wiemelhausen erlebt hat, der weiß, dass dir ein riesengroßer Stein vom Herzen fiel, als der Westfalenliga-Klassenerhalt feststand.

Martin: Absolut, das war von der Intensität her eine sehr anstrengende Saison mit vielen Nebenschauplätzen – aber mit einem erfolgreichen Ende. So viel Verletzungspech kann man eigentlich gar nicht haben. Wir haben uns im Winter von einem Spieler getrennt, wo wir der Meinung waren, dass er die Mannschaft nicht mehr weiterbringt. Es ist nicht nur die fußballerische Qualität entscheidend, sondern auch das Zwischenmenschliche. Und das war überhaupt nicht mehr gegeben, das muss man leider so sagen. Wir haben die Störfeuer beiseite geschafft und an unseren Weg geglaubt. Spieler wie Bakir Basic und David Queder waren letztlich entscheidend, dass wir nicht abgestiegen sind. Natürlich war das gesamte Kollektiv entscheidend, aber die Beiden waren immens wichtig für uns. Danke auch an Almir Ahmetovic, ohne ihn hätten wir einen Stürmer der Klasse von Bakir Basic nicht so schnell bekommen.

Zum Saisonende folgte der noch schwierigere Teil: der Abschied von Trainer Aytac Uzunoglu und vielen Spielern. Wie traurig macht euch das?

Steffen: Bei den Spielern, die jetzt in die zweite Mannschaft gehen, bin ich in erster Linie dankbar, dass sie dem Verein weiter helfen wollen. Die Spieler könnten ganz woanders spielen und Geld verdienen zusätzlich, machen das aber nicht. Das ist nicht selbstverständlich, zeigt aber auch, dass der Verein in den vergangenen Jahren immer gute Arbeit geleistet hat.

Bei David Scholka ist es traurig. Er war acht Jahre im Verein, hat sich stetig gesteigert, war immer für die Mannschaft da, trainingsbesessen, in der Form seines Lebens. Aber wir müssen akzeptieren, dass es nicht einfach ist, alles unter einen Hut zu kriegen – der Wohnort, die Familie mit Kind. Ich habe ihn zuletzt nochmal beim A-Junioren-Spiel in Kamen gesehen, im Wacker-T-Shirt. Er wird immer bei uns willkommen sein und wer weiß, was in den kommenden Jahren passiert.

Und bei Aytac ist es natürlich eine ganz spezielle Sache. Wir kennen Aytac schon sehr lange, Martin noch viel länger als ich. Wir waren mehr als Trainer-Kollegen bzw. Vereinskollegen. Wir haben die erfolgreichste Zeit des Vereins zusammen geprägt. Es war nicht immer alles Gold, was glänzt, aber es ging viel in eine positive Richtung. Ich habe immer gesagt: Das Schlimmste ist, wenn die Spieler gehen und du hast nachher keinen Kontakt mehr mit denen. Genauso ist es beim Trainer, dass etwas passiert, was einen für die nächsten Jahre noch beeinflusst. Wir haben viel Positives erlebt, es wurde aber auch viel hereingebracht von außen. Wir haben uns im Winter hinter ihn gestellt und unser Vertrauen ausgesprochen. Leider ist das offenbar nicht 100-prozentig bei Aytac angekommen, was mich ratlos macht. Ich hoffe, dass wir nach einer gewissen Zeit darüber reden können, warum er das Gefühl hatte, dass es nicht so gewesen ist. Wir hatten uns sogar für die Saison 2022/23 bereits für ihn als Trainer entschieden, die Planung war weit fortgeschritten und dann verkündete er leider seinen Abschied. Ich hoffe, dass Aytac jetzt das macht, worauf er Lust hat. Und auch bei ihm gilt: Sag niemals nie, wenn es um eine Rückkehr geht.

Martin: Richtig wird es man es wohl erst begreifen, wenn ein neuer Trainer an der Seitenlinie steht. Aytac hat sehr viel geleistet für unseren Verein. Vielleicht haben wir uns am Ende nicht so verstanden, wie wir uns hätten verstehen sollen, was die Kommunikation anging. Aber ansonsten haben wir ein tolles Verhältnis zueinander und gute Arbeit über viele Jahre geliefert. Ich bin sehr positiv gestimmt, wie es jetzt mit dem neuen Trainer-Team weitergeht.

Zudem sehen wir auch eine neue zweite Mannschaft mit einem neuen Gesicht. Eine Mannschaft, die schon viele Erfolge mit dem Verein erlebt hat. Die Spieler haben ein gewisses Alter, in dem sie den Aufwand Westfalenliga nicht mehr betreiben wollen. Ich freue mich auf die vielen Veränderungen.
 

Einher mit den vielen Abschieden ging aber auch eine Neuformierung der Westfalenliga-Mannschaft. 10 Neuzugänge hat der SVWO bislang präsentiert. Gib uns gerne einen Einblick: Wie verliefen die vergangenen Wochen, Steffen?

Steffen: Ich bin zwar der Sportliche Leiter, aber die neue Mannschaft habe ich gemeinsam mit Martin Janicki und Onur Kocakaya aufgestellt, der als Mr. Facebook die Spieler direkt kontaktiert hat, die ich ihm genannt hatte. Er stellte oftmals auch den ersten telefonischen Kontakt her. Martin war unter anderem bei den Verpflichtungen von Mert Sahin und Kevin Holz ein ganz entscheidender Faktor. Am Ende war Christian Mengert bei einigen Gesprächen als neuer Trainer auch dabei.

Wir hatten einen gewissen Vorlauf, aber zu unserem Verein passt nicht jeder. Wir setzen auf Charaktere, für die es sich lohnt, die ehrenamtliche Arbeit zu machen, weil man die Dankbarkeit und Anerkennung von den Spielern zurückbekommt. Unsere Mannschaften der letzten Jahre waren geprägt davon, dass wir Charaktere gefunden haben, die den Verein bestmöglich repräsentieren können. Ich kann mich nur an zwei Spieler erinnern, wo ich sagen würde, das hätten wir besser nicht gemacht. Es steckt sehr viel Zeit dahinter, vor allem private Zeit. Mit Kevin Holz etwa haben wir uns viermal getroffen, dazu einige Telefonate. Es waren einige Stunden, die dafür draufgingen, aber es hat sich gelohnt am Ende.

Die Spieler zu finden, ist nicht einfach. In der Regel kommen Spieler auf uns zu, die hoch spielen und Geld verdienen wollen. Bei uns ist es aber so, dass wir zunächst gar nicht auf das Finanzielle eingehen, sondern den Charakter des Spielers erfahren wollen. Am Ende verdienen die Spieler bei uns natürlich auch Geld, sollen Leistung bringen. Aber du kannst die besten Einzelspieler haben, wenn du keine Mannschaft bist, gewinnst du nichts. Wir werden schon in der Vorbereitung relativ schnell ein Team sein, wo man merkt, dass sich der Aufwand gelohnt hat.

Was können die Fans vom runderneuerten Westfalenliga-Team des SVWO in der kommenden Saison erwarten?

Steffen: Wir sind alle Sportler, um Spiele zu gewinnen. Wir haben eine Mannschaft zusammengestellt, die in der Lage ist, jedes Spiel zu gewinnen. Intern haben wir uns natürlich Ziele gesteckt, aber wir holen jetzt nicht die Trompete raus und tröten irgendetwas heraus.

Martin: Wir sind in der Breite und Qualität viel besser aufgestellt als vergangene Saison, sodass wir so eine Spielzeit nicht noch einmal erleben werden. Wir wollen eine ordentliche Rolle in der Liga spielen und wenn alle Rädchen ineinander greifen, dann werden wir das auch tun.

Ambitioniert ist aber vor allem die Zweite, gespickt mit vielen ehemaligen Westfalen-, Landes- und Bezirksliga-Spielern. Für das Team dürfte das Ziel klar sein…

Martin: Da brauchen wir nicht um den heißen Brei reden, da ist der Aufstieg absolute Pflicht. Daran wird die Mannschaft auch gemessen, die hat Qualität und würde auch in der Kreisliga A oben mitspielen. Alles andere als der Aufstieg wäre eine Enttäuschung.

Steffen: Spieler wie Manuel Backes oder Marcel Herder – die haben schon Legenden-Status in unserem Verein und es ist aller Ehren wert, dass sie aus der Landes- oder Bezirksliga in die Zweite kommen. Dazu kommen Spieler wie Kapi (Anm.d.Red. Martin Kapitza). Er ist seit zweieinhalb Jahren in unserem Verein, kann bei jedem Verein spielen und sagt: ‚Nene, einmal Wacker, immer Wacker!‘ Er lebt das Motto richtig, war beim Eriner Beben trotz Arbeit immer dabei. Und jetzt spielt er kommende Saison in der zweiten Mannschaft.

Das Projekt „Aufstieg“ der zweiten Mannschaft dient aber vor allem einem Zweck: Einen passenden Unterbau für die Erste auf die Beine zu stellen und perspektivisch auch Nachwuchsspielern eine höhere Plattform bieten zu können.

Steffen: Genau, das ist der Grundgedanke. Wenn die erste Mannschaft in der Westfalenliga spielt, ist das für viele Kinder und Jugendliche schon interessant. Wenn dann die Zweite in der Kreisliga A oder sogar Bezirksliga aufläuft, ist das perspektivisch noch besser. Um Talenten eine Möglichkeit im Seniorenfußball zu geben.

Kurzfristig kommt jetzt die Planung für die dritte Mannschaft in der Kreisliga B dazu. Das Team braucht einen neuen Trainer. Wie ist der Stand der Dinge?

Martin: Es ist klar, dass die Trainer jetzt nicht Schlange stehen, um eine dritte Mannschaft zu übernehmen. Es werden noch Gespräche geführt. Auch mit den Spielern, wer noch in der Mannschaft verbleibt. Das ist natürlich jetzt alles sehr kurzfristig, das wird ein spannendes Projekt.

Steffen: Im Bestfall sollte es auch jemand sein, der alle notwendigen Sprachen für das Team spricht. Vielleicht ist es am Ende auch ein Zweier- oder Dreier-Gespann. Es gibt Kandidaten, die signalisiert haben, dass sie Lust darauf haben.

Schauen wir auf die Gesamt-Entwicklung des SV Wacker Obercastrop. Ende Mai fand erstmals das „Eriner Beben“ statt. Wie hat es der Verein geschafft, solch ein großes Event auf die Beine zu stellen?

Martin: Das gelingt nur mit den ehrenamtlichen Helfern, die an allen drei Tagen vor Ort waren, und auch im Vorfeld und Nachhinein mitgeholfen haben. Ich freue mich, dass alles so erfreulich gelaufen ist beim ersten Mal. Natürlich gibt es Stellschrauben, die beim nächsten Mal anders gedreht werden sollten, aber insgesamt war es eine runde Geschichte.

Der SVWO entwickelt sich immer weiter. Wo seht ihr den SV Wacker Obercastrop kurz- bis mittelfristig? Habt ihr euch Ziele gesetzt?

Steffen: Umso erfolgreicher du bist, desto mehr kommt auf dich zu. Das fängt bei unserer Ersten bereits an: Kommst du eine Liga höher, fährst du nicht mehr mit dem Auto zu den Spielen. Dann musst du die organisatorischen Dinge ganz anders angehen, da käme noch viel mehr auf uns zu. Im Moment ist es noch im Rahmen, aber das müssen wir jetzt schon vorbereiten und nicht sagen, wir gucken mal, was passiert. Das gilt auch für die Jugend. Spielt dort ein Team in der Landesliga, hast du viel weitere Fahrten und musst andere Dinge zur Verfügung stellen als vorher noch. Mein größtes Ziel ist es daher, dass wir gute Leute finden, die für das Interesse des Vereins arbeiten und zuverlässig sind. Wir haben schon einige Leute mehr in der jüngeren Vergangenheit dazu bekommen. Marius Hoffmann bringt ehrenamtlich viel Zeit für die Marketing-Arbeit auf, jetzt auch mit der Unterstützung von Matthäus Gorzolnik und „Schwatten“. Da kann man nur den Hut ziehen und Dankbarkeit zeigen. Genauso ist es ja auch mit WackerMedia.

Aber auf längere Sicht brauchen wir noch weitere Personen dazu. Dann ist vieles möglich hier beim SV Wacker Obercastrop. Wir haben z.B. mit Elmar Bök den besten Mann im Umkreis für die Planung von Veranstaltungen im Verein, dazu ist er eine Person, bei der du dir immer eine Meinung einholen kannst. Das ist wichtig. Wir brauchen nicht nur Ja-Sager, sondern auch Leute, die mal kontrovers diskutieren. Das kann auch mal krachen, aber am Ende ist klar: Es geht um den Verein und der ist größer als jeder Einzelne. Da haben wir noch Potenzial und dann stehen uns in den kommenden Jahren schöne Dinge bevor. Das geht mit dem Sportlichen einher: Wenn der Verein gut aufgestellt ist, kommt der Erfolg von alleine und das ist dann gesunder Erfolg, kein finanzieller.

Martin: Dem kann ich mich nur anschließen. Genauso gehört dazu, dass die Jugend weiter wächst, weil im Endeffekt werden wir in ein paar Jahren von der Jugend profitieren müssen. Nur dann macht es Sinn und es ist eine gesunde Entwicklung, wenn wir die Jugend weiter einbinden können, das ist unsere Zukunft. Ziel sollte sein, dass wir uns auf unserem Niveau mindestens weiter bewegen und der ganze Verein mitwächst.

Steffen: Ein großes Danke an Alle, die bislang dazu mitgeholfen haben, dass der Verein dort steht, wo er aktuell ist! Jeder, der das hier liest, ist gerne eingeladen, sich zu melden und mitzuhelfen.

Danke für eure Zeit!